Eine Klientin war von frühester Jugend an gewöhnt, dass sie nur dann Anerkennung und Wertschätzung durch ihre Umwelt erhielt, wenn sie besondere Leistungen abliefert. Leisten und Lächeln hieß es von ihr lapidar, als wir in einer Therapiesitzung darauf zu sprechen kamen. Sie lief nicht in bequemen Schuhen, sondern eher in Pumps.
Das bedeutete dann für Ihr Leben bisher, dass Sie sich immer mehr an die Wünsche und Erwartungen der anderen Menschen in Ihrem Umfeld anpasste und versuchte, durch viel Leistung sich deren Wohlwollen zu sichern. Auch bei Ihrer Tochter. Ganz schön anstrengend.
Wir sind alle liebenswert – aber nur in bequemen Schuhen
Wir sind alle liebenswert ist ein Grundgedanke von mir. Kein Mensch muss etwas leisten, um von anderen geliebt zu werden. Das fiel uns besonders auf, als meine Klientin mir erzählte, dass sich ihre Tochter von ihr abgewandt hatte, als sie einen Wunsch nicht wie gewohnt erfüllen konnte.
Das war dann eine Art Initialzündung für den weiteren Prozess der Therapiesitzungen. Herauszufinden, was sie selbst möchte, was sie selbst gerne tut. Und wo genau sie sich bisher an anderen Menschen ausgerichtet hatte. Auch mit der schmerzlichen Erkenntnis, dass sich andere Menschen von ihr abwenden könnten.
Da fiel dann irgendwann der Satz „Ich möchte wieder in bequemen Schuhen laufen“ und nicht nur auf Pumps, weil die anderen Menschen Pumps gut finden. In meinen Augen ein heilsamer Prozess wieder hin zu ihrem ursprünglichen Kern und ihren ureigensten Bedürfnissen.
Und ein exemplarischer Fall für jeden von uns: Wo laufen wir in unseren eigenen Schuhen und innerhalb unserer eigenen Bedürfnissen? Und wo haben wir uns über Rücksichtnahme, Leistung usw. unserer Umwelt so angepasst, ohne dass es uns gut tut. Immer auf der Jagd nach Fetzen von Anerkennung und Wohlwollen von außen. Denn die schönste Anerkennung kommt aus unserem Inneren – wenn wir uns rundum wohl und gut fühlen. Ohne permanent auf die Rückmeldung von außen warten zu müssen.